Sonntag, 2. Mai 2010

Poker in Moskau

Vor einigen Tagen hatte ich mal wieder die Gelegenheit in Moskau spielen zu dürfen. Ich habe mit Absicht den Ausdruck „dürfen“ benutzt, denn das Schwere an diesen Pokerrunden ist nicht zu gewinnen, sondern eingeladen zu werden!

Es wurde halb-offiziell in einem Extraraum in einem Moskauer Kasino gespielt. Etwa die Hälfte der Teilnehmer bestand aus schwerreichen Russen, während der Rest sich aus lokalen Profispielern und schlussendlich Ausländern zusammensetzte.
Es läuft immer nach dem gleichen Muster ab: Mehrere Russen bekunden dem Kasino ihr Interesse an einem Pokerspiel, worauf ein hochrangiger Kasinomitarbeiter das ganze organisiert und weitere Spieler einlädt. Diese Plätze sind bei Profispielern hoch begehrt, weshalb es zum einen guten Ton gehört, nach Spielende einige tausend Dollar für das Kasino an seinem Platz liegen zulassen, „zu vergessen“. Des Weiteren muss man als Profi, wenn man noch mal eingeladen werden möchte, attraktiv spielen. Das heisst einfach nur auf gute Karten warten, was gegen die sehr loose Gegnerschaft ein todsicheres Rezept wäre, ist verpönt. Wer am Abend nicht mindestens einen grossen Bluff vorzeigt (der dann auch noch oft danebengeht, weil so loose gecalled wird), gilt als Feigling und wird nicht mehr eingeladen. Kommunikation, selbst wenn es wie in meinem Fall mehr über Dolmetscher, beeindruckten Gesten und Lächeln abläuft, ist ebenfalls Pflicht. Das oberste Gebot bei diesen Spielen ist, dass die reichen Russen einen schönen Abend verbringen und wiederkommen.
Praktischerweise ist für die Russen das Geld dabei nur Mittel zum Zweck. Ob sie ein paar hunderttausend oder gar eine Millionen Dollar verlieren, ist sekundär. Es geht um Stärke zeigen. Unsummen in die Mitte schieben oder den Gegner beim Bluffen erwischen, dafür spielen sie.
Das Ganze erinnert mich irgendwo an das Posen Halbstarker auf der Strasse. Nur dass man hier seine Stärke zeigt, indem man beweisst, dass hunderttausende Dollar für einen nichts anderes als ein Stück alte Zeitung sind!

Apropos Dolmetscher. Man kann sich zwar in Moskau und auch in den Kasinos gut mit Englisch verständigen, aber in diesen Highstakes Pokerrunden ist es besser noch ein „Not-Backup“ zu haben. Da ich nur in Kasinos spiele, sind ich und meine Kohle zwar mehr oder weniger sicher, aber ein dummes Missverständnis aufgrund Sprachbarrieren ist trotzdem das letzte, was ich möchte. Nicht nur, dass ich dadurch sicher nicht mehr eingeladen würde, es ist allgemein nicht klug, sich einen dieser oft aus der Unterwelt stammenden Multimillionäre zum Feind zu machen!

Das Spiel selber fing mit bescheidenen Blinds von 100/200 Dollar an. Da jeder Spieler einen sechsstelligen Stack vor sich liegen hatte, ging es aber trotzdem schnell zur Sache. Als nach einigen Stunden die ersten Spieler grösser hinten lagen, wurden die Blinds schnell erhöht bis auf 500/1000 Dollar. Ab da nahm das Spiel richtig Fahrt auf. Nicht nur wegen des Geldes, sondern auch, weil allmählich der Alkohol bei vielen seine Wirkung zeigte und sie mit ihren Männlichkeitsritualen anfingen.

Ein Russe bestellte Zigarren und steckte mit einem überheblichen Lächeln seine mit einem 100 Dollar Schein an. Darauf sprach ein anderer leise in sein Handy. Einige Minuten später wurde ihm eine edle Holzbox gebracht. Er griff lässig hinein, zog einen Schein aus einem Bündel 500 Euro Noten und steckte mit einem verächtlichen Blick damit seine eigene Zigarre an.

Zwei andere mit Goldschmuck behangene Muskelberge kamen über irgendetwas in Streit. Was genau, konnte ich mit meinen praktisch nicht vorhandenen Russischkenntnissen nicht ergründen. Sie standen plötzlich auf, setzten sich an einen kleinen Nebentisch, knallten beide ein paar Bündel Scheine auf den Tisch - und fingen mit Armdrücken an!

Zum Glück ist es guter Ton, dass die „schwachen“ Ausländer sich bei diesen Wettkämpfen heraushalten!

Der grösste Pot des Abends betrug übrigens etwa 1.3 Millionen Dollar. Wie viel genau wissen noch nicht mal die involvierten selbst, da einer der Spieler eine goldene Armbanduhr in die Mitte legte! Nach längerer reger Diskussion einigte der Tisch sich darauf, sie mit 300.000 Dollar zu bewerten.

Für mich selber lief der Abend ganz erfolgreich. Ich konnte früh einige Pötte gewinnen und war dadurch wieder in meiner Comfortzone. Meine Bankroll erlaubt mir zwar an solchen Limits mitzuspielen, aber ein komisches Gefühl sind diese Summen trotzdem. Wenn man direkt mal ein paar 100k vorne ist, lässt es sich weitaus entspannter spielen. Und weit, weitaus entspannter die obligatorischen dicken Bluffs bringen!
Genaue Summen lass ich aber mal dahingestellt. Der Gentleman geniesst und schweigt. Kennt ihr ja.

3 Kommentare:

  1. wow das hört sich hart an. bist du ein Profilspieler der sein Geld mit zocken verdient?

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  2. Ja Bruce ist Profispieler.
    Ich habe links oben ein kleines "Worum gehts hier?" angefügt. Dort steht jetzt etwas mehr über ihn.

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  3. Poker Millionär? Wirklich beeindruckend. Ich kann nicht mal Poker spielen.

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